Nun hat nach Italien, Schweiz und England auch Schweden dem Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomenergie verkündet. Gerade Schweden war und ist immer das noch Musterland für Klimaschutz in Europa. Mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung und dem festen Bestreben, die Treibhausgasemissionen in einem Jahrzehnt nahezu auf Null zu vermindern, ist Schweden in Europa der Vorreiter für verbindlichen und effektiven Klimaschutz. Selbst die Automobilindustrie soll sich in naher Zukunft auf eine CO2 freie Antriebstechnik umstellen – ein dringend gebotener Wandel zur Rettung der Automobilbranche. Aber gerade der Wunsch nach einem effektiven Klimaschutz verleitet immer mehr Länder dazu, sich der Kernenergie wieder zuzuwenden. In Kombination mit einem deutlichen Ausbau erneuerbarer Energien, der Förderung CO2 freier Antriebsstoffe und –techniken und einer massiven Energieeinsparung wollen viele Länder die Klimaschutzziele erfüllen. Denn gerade in der Übergangszeit hin zu einer Energiewelt aus erneuerbarer Energien und Energieeinsparung kann die Atomenergie ein Baustein von Vielen sein.
Nur: die Nuklearenergie ist sicherlich keine preisgünstige Technologie, obwohl mit abgeschrieben Atomkraftwerken vergleichsweise günstig Strom produziert werden kann. Nur mit massiver Subventionierung – in Deutschland allein wurden bis zu 40 Mrd. Subventionen für die Atomenergie aufgewendet – ist der Bau von neuen Nuklearkraftwerken zu realisieren. Der Bau des neuen Reaktors in Finnland macht deutlich, dass die Kosten sich schnell über den gewünschten Rahmen hinaus erhöhen können. Zudem müssen die Kosten der Endlagerung und der finanziellen Absicherung aufgrund möglicher Unfälle mit eingerechnet werden. Es bleibt fraglich, ob die Banken die angekündigten Kraftwerke in England, Schweiz oder auch Schweden wirklich ohne die finanzielle Absicherung durch Staatsgelder genehmigen werden. Die Finanzkrise erschwert derartige Genehmigungen, wenn sie sie nicht sogar ganz unmöglich macht. Viele Länder, insbesondere Osteuropäische Länder und auch Russland und China planen eine große Anzahl neuer Atomkraftwerke. Ob diese wirklich gebaut werden, bleibt aufgrund der finanziellen Restriktionen eher fraglich. Atomkraftwerke produzieren radioaktiven Müll, und bergen somit Umwelt-, Gesundheits- sowie wirtschaftliche Risiken. Aus diesem Grund kann auch nicht wirklich von einer Renaissance der Atomenergie gesprochen werden. Es ist unwahrscheinlich, dass alle derzeit weltweit im Einsatz befindlichen 440 Atomkraftwerke ersetzt werden.
Neben den angesprochenen Finanzrisiken bestehen ebenso Knappheitsrisiken, denn auch Uran ist eine endliche Ressource, deren Preis bei zunehmender Nachfrage steigen wird. Ein Ausweichen auf Plutonium birgt erhebliche Sicherheitsrisiken, da politisch instabile Länder Interesse an waffenfähigem Material haben.
Allerdings produzieren Atomkraftwerke keine klimagefährlichen Treibhausgase. Der Europäische Emissionsrechtehandel führt dazu, dass die Emissionen von CO2 einen Preis bekommen. Dieser liegt aufgrund der Finanzkrise derzeit zwar auf einem niedrigen Niveau, wird aber sicherlich in der Zukunft weiter steigen und somit die CO2 freie Energieherstellung wirtschaftlich attraktiver machen. Es ist ein wesentlicher Vorteil, dass die Nuklearkraftwerke nahezu CO2 freien Strom produzieren und damit aus reinen Klimaschutzgründen Kohlekraftwerken vorzuziehen sind. Und das ist auch der Hauptgrund, warum sich viele Länder der Atomenergie wieder hinwenden und zumindest in einer Übergangszeit einen Beitrag zur CO2 freien Stromerzeugung leisten zu können.
Mittel- bis langfristig muss es jedoch darum gehen, verstärkt Energie einzusparen, zudem muss die bei der Stromproduktion anfallende Wärme (Kraft- Wärme Kopplung) viel besser genutzt werden und die Energieproduktion sollte komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Überdies müssen die Kohlekraftwerke umweltfreundlicher werden (CO2 Abscheidung und Einlagerung) und es muss eine nachhaltige Mobilität sichergestellt werden – all diese neuen Techniken müssen erst einmal erforscht werden. Sowohl der Schienenverkehr als auch die Herstellung alternativer Kraftstoffe (wie beispielsweise Wasserstoff) oder die Elektromobilität benötigen weltweit immer mehr Strom. Diese kann in der Übergangszeit aus Atomkraftwerken kommen, in 30-40 Jahren werden wir jedoch die auf andere Energieformen umstellen müssen. Somit ist das angekündigte „Comeback“ der Atomenergie eher gering und kurzweilig, obwohl einige neue Kraftwerke sicherlich gebaut werden – wie beispielsweise in England, Osteuropa, Russland oder auch den USA. In Deutschland wären aber höchstens – und das auch nur mit einer Mehrheit der CDU-FDP gelenkten Regierung – eine Verlängerung der Restlaufzeiten sicherer Kernkraftwerke möglich. Ein Neubau von Atomkraftwerken ist in Deutschland allein schon aufgrund mangelnder öffentlicher Akzeptanz unmöglich. Falls eine Verlängerung der Atomkraftwerke ausgehandelt wird, sollten sich die Energiekonzerne jedoch verpflichten, mehr Geld in den Ausbau erneuerbarer und CO2 freier Energietechniken zu investieren. Denn mittel- bis langfristig gibt es nur eine Alternative:
Energiesparen und erneuerbare Energie – und keine Atomenergie.