Bundeswirtschaftsminister Rössler wirbt in Briefen und aufwendigen Anzeigen für den Neubau von Kraftwerken – dabei hat er in erster Linie Kohlekraftwerke im Sinn. Diese sollen subventioniert werden. Ein erstaunlicher Aufruf, da in den kommenden 5 Jahren Kohlekraftwerkskapazitäten in einer Größenordnung von deutlich über 20 GW ans Netz gehen werden, der größte Teil sind Steinkohlekraftwerke. Rein wirtschaftlich betrachtet brauchen Kohlekraftwerke keine Subventionierung. Anders sieht es bei Gaskraftwerken aus – diese rechnen sich in erster Linie bei Spitzenlast. Gaskraftwerke sind besonders gut zur Kopplung mit erneuerbaren Energien geeignet, da sie leicht hoch- und runterfahrbar sind. Zudem sind Kraft Wärme Kopplungsanlagen besonders effizient. Daher werden sie auch mehr und mehr gebaut, insbesondere in Regionen und Kommunen, insbesondere von Stadtwerken. Bis zu 10 GW Gas Kraftwerkskapazitäten sind in den kommenden 10 Jahren geplant, ein großer Teil geht in den kommenden 5 Jahren ans Netz. Besonders erstaunlich ist der Aufruf auch deshalb, da insbesondere Kohlekraftwerke ohne CO2 Einlagerung (CCS) aufgrund vergleichbarer Inflexibilität und hohen Treibhausgasen nicht in die angestrebte Energiewende passen. CCS ist in Deutschland gestorben, da es eine unzureichende Gesetzeslage gibt und ohnehin die Alternativen- Effizienzverbesserung, erneuerbare Energien, KWK- langfristig sowohl ökonomisch als auch ökologisch viel nachhaltiger sind. Der Bundeswirtschaftsminister mag im Kopf haben, dass durch den Wegfall der Atomkraftwerke und alter Kohlekraftwerke neue Kraftwerkskapazitäten notwendig sind, insbesondere in Bayern, Baden Württemberg und NRW. Bayern hat sich allerdings im Rahmen seines Energieprogramms dazu verpflichtet, 40 % der Energie aus Gaskraftwerken erzeugen zu wollen- eine wichtige und überzeugende Zielrichtung. Baden Württemberg und NRW werden zumindest teilweise von den Grünen mitregiert- es ist kaum wahrscheinlich, dass man dort auf subventionierte Kohlekraftwerke setzen wird. Wenn der Bundeswirtschaftsminister entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten also Subventionen plant, sind dringende Aufgaben zu lösen:

1. Ausbau der Stromnetze, sogenannter Stromautobahnen innerhalb Deutschlands und in die EU- auch um künftig die Potentiale der erneuerbaren Energien innerhalb Europas besser nutzen zu können, sowie der Verteilnetze. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird immer dezentraler, sodass man ebenso auf der Verteilnetzseite intelligente Stromnetze benötigt, die Angebot und Nachfrage besser als bisher in Einklang bringen wird müssen. Durch die Finanzkrise erhöhen sich die Risikoaufschläge der Finanzinstitute. Bürgschaften durch die Regierung würden zumindest Unsicherheiten mindern.
2. Stromspeicher: Erneuerbare Energien weisen hohe Volatilitäten auf- der Wind weht nicht immer, die Sonne scheint nicht immer, und umgekehrt. In Zeiten eines hohen Angebots erneuerbarer Energien reichen oftmals die Stromnetze nicht aus, um den überschüssigen Strom ins Inland oder Auslandweiterzuleiten. Daher ist es unerlässlich, dass mehr Speichermöglichkeiten geschaffen werden. Pumpspeicherkraftwerke sind derzeit allerdings die einzig, wenn auch nur teilweise, wirtschaftliche Form der Stromspeicherung. In der Zukunft sind auch innovative Stromspeicher, wie Batterien, Methan, Wasserstoff etc. möglich (die aufgrund der hohen Effizienzverluste derzeit schlichtweg unwirtschaftlich sind). Da die Optionen für Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland begrenzt sind, sind wir ebenso auf andere EU Länder (Alpenregion, Skandinavien) angewiesen. Um zumindest die Speicheroptionen erschließen zu können, wäre eine finanzielle Unterstützung notwendig.
3. Gebäudesanierung: die Bundesregierung hat völlig zu Recht entschieden, dass die Energieeinsparpotentiale im Gebäudebereich genutzt werden müssen, so können zudem die Bürger entlastet werden. Dazu bedarf es jedoch ausreichender finanzieller Mittel. Die Gelder sollten aufgestockt werden, allerdings werden auch die anvisierten 1,5 Mrd. Euro kaum ausreichen, die Sanierungsquote erreichen zu können. Zudem blockieren die Länder derzeit die Umsetzung.
4. Marktdesign: Um ausreichend Anreize für den Bau und Einsatz von Gaskraftwerken zu geben, sollte das Marktdesign so angepasst werden, dass sowohl der Ausbau der Kraftwerkskapazitäten erfolgt als auch eine Netzoptimierung und Nachfragemanagement ermöglicht wird. Eine kluge Regulierung kann helfen, zum einen die Kapazitäten zu fördern, die für das nachhaltige Energiesystem notwendig sind, zum anderen eine erfolgreiche Anpassung der Nachfrage auf Volatilitäten ermöglicht wird. Die Liste der Aufgaben für das Bundeswirtschaftsministerium ist somit lang: Der Ausbau der Stromnetze und Speicher kommt zu langsam voran. Das Marktdesign muss angepasst werden. Die Potentiale der besseren Anpassung der Stromnachfrage (insbesondere der Großverbraucher) müssen optimiert werden, zudem werden die Menschen zu wenig mitgenommen. Die Finanzkrise kann insbesondere die finanzielle Unterstützung des Ausbaus der Stromnetze behindern. Hier müsste ggf z.B. die KfW eingreifen und die Finanzierungssicherung liefern. Statt über Subventionen für nicht nachhaltige Energietechnologien nachzudenken, wäre es angebracht, den Masterplan für die Energiewende zu erarbeiten und die richtigen Stellschrauben zu setzen.