Kann sich Deutschland nun in Zeiten turbulenter Finanz- und Schuldenkrisen überhaupt leisten, eine Energiewende umzusetzen? Drohen Blackouts und Strompreisexplosionen? Werden Unternehmen abwandern? Ist gar die Energiewende in Gefahr? Die Finanzkrise überschattet derzeit in der Tat die notwendigen Veränderungen der Energiewende. Die schreitet dennoch munter voran, allen voran der Ausbau erneuerbarer Energien, aber auch neue Kraftwerkskapazitäten als Ersatz für Atomkraft werden ausgebaut. Der Ausbau erneuerbarer Energien geht auch deshalb weiter voran, da die Förderung über das erneuerbare Energien Gesetz weiterläuft, auch wenn es hier und da Adjustierungen gibt. Die Fördersätze für Photovoltaik werden zwar gekürzt, um Belastungen gering zu halten. Dafür werden erhöhte finanzielle Anreize zum Ausbau der Windenergie und Biomasse geschaffen, die tragenden Säulen der geplanten Energiewende. Die Sorge vor explodierenden Strompreisen ist übertrieben, denn es gibt genauso viele preissteigernde wie –senkende Faktoren. Auch die finanziellen Belastungen vor allem energieintensiver Industrien werden im Zaum gehalten, denn es werden weiterhin die Ausnahmen – sei es für den Kauf der Emissionszertifikate, der Zahlung der EEG Umlage oder aber Ökosteuer- bestehen bleiben. Allerdings kann in der Tat die Finanzkrise eine wichtige Achillesferse der Energiewende treffen: den dringend benötigten Ausbau der Infrastruktur, und zwar sowohl der sogenannten Stromautobahnen, die mit Windstrom produzierten Strommengen von Norden nach Süden transportieren, oder aber die Stromtrassen ins Europäische Ausland als auch die Verteilnetze zur optimalen und intelligenten Kopplung von Stromangebot und –nachfrage. Wenn man bedenkt, dass der Bau der notwendigen Infrastruktur von der Genehmigung bis zur Inbetriebnahme bis zu 10 Jahre dauern kann, wird schnell deutlich, wie rasch die Investitionen getätigt werden müssen. Die Finanzkrise kann somit die notwendigen Investitionen verzögern. Umso wichtiger ist es, dass auf drei Ebenen die Energiewende so rasch wie möglich angegangen wird: 1. EU: der Ausbau und Optimierung der Europäischen Stromnetze hat Priorität, ein beschleunigter Ausbau ist dringend vonnöten. 2. Schaffung geeigneter Regulierung und Rahmenbedingungen. Um die Investitionen zu beschleunigen, sollten die Rahmenbedingungen insbesondere bei der Vergütung der Infrastruktur sowie Stromspeicher sowie Reservekapazitäten so angepasst werden, dass Versorgungssicherheit und dynamischer Ausbau rasch zu schaffen ist. Geeignete finanzielle Anreize für Stromnetze sowie Speicher aber auch notwenige Stromkapazitäten zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage gehören genauso dazu wie die rasche Umsetzung aller Energiesparaktivitäten. Daher müssen nicht nur möglichst rasch die finanziellen Mittel zur Unterstützung der energetischen Gebäudesanierung aufgestockt werden, sondern jegliche Sparpotentiale vor allem auch im Bereich der Mobilität ausgeschöpft werden. 3. Change Management Prozess. Unternehmenslenker, die ein Unternehmen grundsätzlich neu ausrichten wollen, kennen diesen unerlässlichen Prozess. Er umfasst eine komplette Neusortierung und Umorientierung aller Kernbereiche. Auf die Energiewende bezogen heißt dies eine umfassende, entschlossene und zielgerichtete Umsetzung aller relevanten Bereiche. Die Zielsetzung ist zwar klar formuliert, jetzt muss die rasche Umsetzung folgen. Die Energiewende ist unglaublich komplex und hat zur Folge, dass in vielen Einzelbereichen lose Enden zusammengehalten, zusammengeführt und geschlossen werden müssen. Dafür bedarf es einen umfassenden Überblick sowie schnelle und beherzte Anpassungen und Änderungen. Fehler sind nicht erlaubt. Dafür ist das System zu fragil. Auch Trägheit kann sich schnell rächen. Somit bleibt zu hoffen, dass die derzeitige Finanzkrise nicht zu Fahrigkeit und Nachlässigkeit in Punkto Change Management Prozess der Energiewende führen wird. Denn die Finanzkrise zeigt eines: es schnelles Re(a)gieren ist durchaus möglich.