Die Antwort auf diese Fragen wissen wir erst in einigen Monaten. Kurzfristig ist jedoch der gewünschte Effekt eingetreten, die Ölpreise haben deutlich nachgegeben. Diese Wirkung war seitens der IEA, insbesondere seitens der USA gewünscht. Die OECD Länder haben auf eine deutliche Ausweitung der Ölförderung gedrungen, diese war jedoch seitens einiger OPEC Länder auf den letzten Treffen abgelehnt worden. Einige OPEC Anbieter regieren entsprechend verschnupft auf die Ausweitung der Ölmenge. Die Frage ist jedoch, ob die OPEC mit einer Förderquotenerhöhung einen gewünschten nachhaltigen Ölpreisrückgang überhaupt hätten erwirken können. Dazu muss man sehen, dass es ausreichend Öl auf dem internationalen Markt gibt. Die Förderausfälle in Libyen wurden durch Saudi Arabien ersetzt. Die Ölnachfrage ist im letzten Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Erholung deutlich gestiegen, was die Ölpreise auch hat deutlich steigen lassen. Seit den Unruhen in Nordafrika und vor allem in Libyen steigt der Ölpreis jedoch weiterhin an. Dies ist ein deutliches Zeichen, dass der Markt schlecht funktioniert, denn gemäß Angebot und Nachfrage hätte der Preis nicht derart in die Höhe gehen müssen. Die Sorge vor möglichen weiteren Lieferausfällen und möglichen Angebotsengpässen treibt daher in erster Linie die Preise. Der Wunsch der OECD Länder nach deutlichen niedrigen Ölpreisen ist aus wirtschaftlicher Sicht sehr verständlich. Die Konfrontation mit der OPEC überrascht dennoch. Auch und gerade deshalb, da das Anzapfen der strategischen Ölreserven nur für absolute Notfälle vorgesehen ist. Ein derartiger Notfall liegt jedoch nicht vor. Daher ist diese Entscheidung aus vielerlei Gründen gefährlich: der Markt könnte die Situation so einschätzen, dass es tatsächlich Ölknappheiten geben könnte und die OPEC vielleicht gar nicht in der Lage sein könnte, die Fördermengen auszuweiten. Da der Ölpreis derzeit in erster Linie durch derartige Faktoren geprägt ist, besteht die Gefahr, dass der Schuss nach hinten losgeht und die Ölpreise nach kurzer Talfahrt wieder ansteigen. Zudem handelt es sich bei der Menge der freigesetzten Ölreserven um keine riesigen Größenordnungen, 60 Millionen Barrel Öl entspricht noch nicht einmal der globalen weltweiten Ölverbrauchs von 87 Millionen Barrel. Die OECD Länder verbrauchen pro Tag ca. 46 Millionen Barrel. Auch diese Einschätzung könnte die Preise wiederum rasch nach oben bringen. Durch die Konfrontation mit der OPEC könnte sich die Situation sogar noch verschlechtern, mögliche weitere Förderquotenerhöhungen seitens der OPEC dauerhaft eher unterbleiben. Auch das könnte den Ölpreis weiter künstlich in die Höhe treiben statt ihn wie gehofft senken zu lasen. Was lernen wir daraus? In erster Linie ist es erschreckend, wie wenig sich in den letzten Jahren geändert hat und wie sehr noch immer die westlichen Industrienationen auf die Ausweitung der Ölmenge setzen. Die Daten selbst nahezu aller Ölkonzerne zeigen deutlich, dass der Angebotsausweitung Grenzen gesetzt sind. Zudem „vertrauen“ die Industrieländer auf eine Preisbildung eines funktionierenden Marktes. Das ist ein absoluter Irrglaube. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren mit steigender Nachfrage und begrenzt ausweiterbarem Ölangebot eher verschlechtern als verbessern. Was kann man also tun? Zum einen ist eine maximale Transparenz zudem sind Steuersysteme wichtig, welche die Spekulationsseite des Ölmarktes kontrollieren. Je weniger Anreize Anleger und Hedgefonds haben, von den Entwicklungen in diesem Markt zu profitieren, desto eher reflektieren die Ölpreise die wahre Situation auf dem Ölmarkt. Zum anderen muss die Strategie der Industriestaaten ohnehin heißen, so rasch wie möglich wegzukommen vom Öl. Neben der Verbesserung der Energieeffizienz sollten vor allem die Fahrzeuge so rasch wie möglich mehr und mehr alternative Kraftstoffe einsetzen. Dies kann geschehen, indem neue Antriebsstoffe und –techniken entwickelt und am Markt unterstützt werden, sowie wirklich nachhaltige Mobilitätskonzepte effektiv umgesetzt werden. Öl wird dauerhaft ohnehin nicht mehr billig werden. Die Ölangebotsausweitung hat Grenzen. Die Ölnachfrageseite kann hingegen reagieren. Und genau hier gilt es anzusetzen.
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